Informatik kann so viel mehr sein, als Briefe in Word zu schreiben oder Additionen in Excel durchzuführen. Natürlich gehört auch der sichere Umgang mit Standardprogrammen zu einem guten Lehrplan. Allerdings fordert die heutige Realität viel mehr von einem Informatikunterricht. Und die Informatik bietet genau diese Vielfalt.
Wir wollen in diesem Beitrag einige Themen ansprechen, die unbedingt in den Unterricht gehören, und klarstellen, warum der Hard- und Software viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Eines der aktuellsten Themen ist der Datenschutz. Sowohl privat als auch beruflich finden immer schärfere Datenschutzrichtlinien Anwendung. Und das zurecht. Worauf es beim Datenschutz ankommt, warum er so wichtig ist, und wie man für die Sicherheit seiner Daten sorgt, muss Schülern bereits früh beigebracht werden. Denn Kinder kommen immer eher mit digitalen Geräten, und damit zwangsläufig mit Daten in Berührung. Kinder treiben sich schon in jungen Jahren in sozialen Netzwerken rum; Netzwerke, die Eltern nicht einmal aussprechen, geschweige denn kontrollieren können.
Daher müssen Kinder selbst in der Lage sein, den korrekten Umgang mit ihren Daten zu führen. Was darf ich preisgeben, was muss ich geheim halten? Diese Entscheidungen müssen Schüler selbst, intuitiv und richtig treffen können. Das Bewusstsein für die Intimität von Daten kann in der Schule bereits früh gelehrt werden - erst spielerisch, dann konkreter, bis hin zu technischen und rechtlichen Voraussetzungen für Datenschutz. Denn Datenschutz geht uns alle an!
Immer mehr Kinder machen schlimme Erfahrungen mit "Hass im Netz". Anknüpfend an das obige Kapitel zum Datenschutz, kann auch hier die Schule bereits lehren, wie mit sozialen Netzwerken umgegangen werden muss. Wie gehe ich mit fiesen Kommentaren um? Was tue ich wenn ich bedrängt werde? Welche Möglichkeiten gibt es, sich zu wehren? All diese Fragen sollten bereits mit jungen Schülern besprochen werden, um einerseits bereits früh diesen Hass einzudämmen, und andererseits Opfer dieser Gewalt zu stärken. Auch das - das soziale Verhalten im Internet - kann Teil eines Informatikunterrichts sein oder fächerübergreifend behandelt werden.
In sämtlichen Bereichen werden Systeme digitalisiert. Das bedeutet häufig die Verbindung von Systemen an das Internet und damit an die Außenwelt. Das Internet der Dinge (Internet-of-Things oder kurz: IoT) treibt diese Entwicklung auf die Spitze. Kühlschränke reden mit dem Internet, Häuser werden fern überwacht oder einfach nur aus der Ferne mit Robotern geputzt. Alles keine Zukunftsmusik mehr, sondern heutige Realität. Doch auch viel kritischere Systeme sind mit dem Netz verbunden. Autos kommunizieren mit der Verkehrsinfrastruktur oder anderen Fahrzeugen. Finanzsysteme werden in Echtzeit online geführt. Der Schiffs- und Flugverkehr wird digital gesteuert. Die Energieversorgung wird mit Computern geregelt und fernüberwacht. Dies sind Beispiele für Systeme, bei denen Fehler oder Angriffe von außen verheerende Folgen haben können. Diese schlimmen Folgen können in vielen Berufszweigen auftreten. Von daher ist es von enormer Wichtigkeit, sowohl die Entwicklung als auch den Betrieb solcher Systeme unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen durchzuführen.
Kinder können bereits früh grundlegende Sicherheitsmechanismen erlernen und verinnerlichen. Das Bewusstsein für Sicherheit kann spielerisch geschult werden. Einfache Verschlüsselungsverfahren können Schülern in unteren Klassen auf spannende Art und Weise näher gebracht werden. Später kann der Umgang mit kritischen Systemen gelehrt werden, z. B. wie Passwörter funktionieren und wie sie zu verwenden sind. Auch in der Software-Entwicklung kann früh angesetzt werden. Bereits im Informatikunterricht kann bei der spielerischen Entwicklung von Programmen Acht auf Sicherheitslücken gegeben werden; die Sicherheit des Systems muss immer im Hinterkopf behalten werden. Oft sind sich heutige Software-Entwickler nicht der möglichen Tragweite ihrer Fehler bewusst, einfach, weil die Sicherheit von Produkten in der Ausbildung nicht im Vordergrund stand. Das muss dringend geändert werden, denn Sicherheitslücken werden in Zukunft dramatischere Folgen haben, als wir sie uns heute vorstellen können.
In so gut wie keinem Berufszweig kommt man heutzutage ohne Software aus. In vielen Bereichen werden sogar Basiskenntnisse in der Programmierung vorausgesetzt. Nicht jeder muss ein guter Entwickler oder Software-Architekt werden, aber die Grundlagen sind oft erforderlich, um selbst kleine Skripte zur Vereinfachung oder Verschnellerung von Prozessen zu schreiben.
Kurze Anweisungen in Excel oder anderen Hilfsprogrammen können die Arbeit um einiges erleichtern. Doch auch selbst wenn keine Programmierkenntnisse im Job von Nöten sind, so ist es hilfreich, ein Teil dessen zu verstehen, was man gerade anwendet. Warum braucht der Rechner für diese Aufgabe solange und diese kann er schnell rechnen? Welche Parameter muss ich in meinem Programm einstellen, um es zu optimieren? Das Wissen über den grundlegenden Aufbau einer Software kann zumindest keinem Schaden.
Auch wenn nicht jeder Software entwickeln wird, so werden doch die meisten Software oder Apps verwenden, die irgendwann jemand programmieren muss. Und da immer mehr Bereiche digitalisiert werden, steigt auch der Bedarf an guten Software-Entwicklern und -Architekten. Dazu können im Informatikunterricht mit modernen Programmiersprachen interessante Apps oder Programme geschrieben werden. Auch die Theorie der Software-Entwicklung gehört dazu. Mit diesem Grundwissen eröffnet sich ein breites Feld an Berufschancen, für Mädchen und Jungen.
Big Data steht für die Erhebung und Auswertung riesiger Datenmengen. Auch das ist ein spannendes und wichtiges Gebiet der Informatik. In allen Berufszweigen fallen mehr und mehr Daten an, die nur noch maschinell verarbeitet werden können. Künstliche Intelligenz und "Machine Learning" spielen hier eine entscheidende Rolle. Es ist ein leichtes Kinder und Jugendliche für diese Themen zu begeistern! Massig Beispielprojekte gibt es mittlerweile auf dem freien und kommerziellen Markt.
Neben den harten technischen Fähigkeiten, wird dabei auch der Umgang mit Daten trainiert. Was ist wichtig, was unwichtig? Wie hängen Daten zusammen und was kann man daraus schlussfolgern, und was darf nicht geschlussfolgert werden? Besonders die Mathematik grenzt hier nahe an. Ein weiteres Beispiel, bei dem auch schulisch interdisziplinär gearbeitet werden kann.
Die Informatik ist das ideale Fach zum interdisziplinären Lernen. Sie ist die "Spinne im Netz". Mathematik wird zur Modellierung bei der Datenverarbeitung in der Informatik benötigt. Mit selbstgeschrieben Programmen können Phänomene der Physik simuliert werden. Chemische Prozesse können mit Hilfe einer Software und mathematischen Modellen verdeutlicht werden. Musik und Kunst kann digital und automatisch erzeugt werden. In sozialen Fächern kann der technische und menschliche Umgang in digitalen Netzwerken gelehrt werden. Auch im Wirtschaftsunterricht können wirtschaftliche Prozesse durch eigens entwickelte Programme nachgestellt werden. Fast kein Fach kommt ohne Bereiche der Informatik aus. Und die Informatik bietet Lösungen für viele Probleme, die einfach und interessant in der Schule untersucht werden können. So wird Fachwissen gleichzeitig mit wichtigem, technischem Grundwissen vermittelt.
Durch das Programmieren erlernen Schüler nicht nur das Programmieren an sich. Viele Denkstrukturen werden gebildet und gestärkt. Durch die Beschäftigung mit Schleifen oder "Wenn-Dann-Sonst"-Strukturen werden bestimmte logische Denkweisen geschult, die in allen Bereichen des Lebens hilfreich sind.
In der Software-Entwicklung geht es oft um Problemlösung. Es werden also nicht nur strikte Algorithmen gelernt, sondern auch der Prozess vom Problem zur Lösung trainiert. Dazu gehören das genaue Erfassen des Problems, die Auseinandersetzung mit möglichen Lösungswegen und die finale Umsetzung der Lösung. All diese Fähigkeiten kommen Schülern häufig in ihrer Laufbahn zugute.