Was ist eigentlich das Gegenteil von "MINT"? Oder besser gesagt: das Gegenstück. Denn beide Bereiche konkurrieren nicht, sie ergänzen und überschneiden sich, - ja - sie bedingen sich sogar. Die Erklärung zur Abkürzung MINT konntest du bereits in unserem Blog-Beitrag "Was bedeutet MINT?" nachlesen.
In diesem Artikel geht es nun um das zweite Puzzle-Stück, das "Antonym" zu MINT. "SAGE" nennt sich das Akronym, das für "Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege, Erziehung und Bildung" steht. Auch als "Care"-Berufe werden Jobs in diesen Sektoren bezeichnet. Es handelt sich also dabei um soziale, menschenbezogene Tätigkeiten.
Der Begriff SAGE geht auf Professor Dr. Ulrich Mergner zurück, der damit ein Plädoyer für die Erhöhung der Anerkennung sozialer Berufe und Wissenschaften hält. Der Überbegriff soll zur Ausnutzung von Synergien dieser Bereiche führen, um Aufmerksamkeit auf gemeinsame Probleme zu lenken und diese lösen zu können.
Alternativ ist auch die Abkürzung "SAHGE" zu finden, die neben den oben erwähnten Disziplinen auch Hauswirtschaft bzw. haushaltnahe Dienstleistungen mit einbezieht.
MINT und SAGE gehen einher. Ohne die wichtige gesellschaftliche und menschliche Arbeit bringen auch die erstaunlichsten technischen Fortschritte nichts, sofern es sie überhaupt gäbe, ohne die soziale Arbeit, die Pflege und die Erziehung. Das Wohlbefinden der Menschen ist ein wichtiger Grundpfeiler, sodass Errungenschaften im MINT-Sektor direkt darauf beruhen. Auf der anderen Seite sind mathematisch-naturwissenschaftliche und technische Kenntnisse elementar, um auch die Gesellschaft zu stützen und voran zu bringen.
Die "Soziale Arbeit" steht sowohl für die praxisbezogene Arbeit von Sozialarbeitern und -pädagogen, als auch für die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Bereiche. Aufgabe ist die Integration von Menschen in die Gesellschaft, so zum Beispiel die Lösung individueller menschlicher Probleme. Aber auch die Stärkung des Gemeinwesens gehört zu den vielfältigen Bereichen der sozialen Arbeit.
Das "G" in SAGE repräsentiert die Gesundheit und Pflege. In diesem Sektor geht es um die psychische und physische Verfassung von Menschen und deren Wohlbehagen. Vor allem Pflegeberufe werden hier eingruppiert. Auch die Psychologie hat hier ihren Platz, damit haben wir uns genauer in unserem Blog-Artikel "Ist Psychologie ein MINT-Fach?" befasst. Strittig ist, ob auch die Medizin unter den SAGE-Bereich fällt. In einem weiteren Artikel haben wir uns auch mit der Einordnung der Medizin in den MINT-Sektor beschäftigt.
Erziehung und Bildung wird unter dem "E" vereint. Diese Gebiete beschäftigen sich mit der Entwicklung und dem Verhalten von Heranwachsenden sowie der kulturellen Formung des Menschen. Insbesondere ErzieherInnen und LehrerInnen gehören zu dieser Berufsgruppe.
Vor allem in den Jahren der Corona-Pandemie wurde die Aufmerksamkeit auf die niedrige gesellschaftliche Anerkennung gelenkt, die sich unter anderem in der schlechten Bezahlung der "Care"-Berufe bemerkbar macht. Der hohe Anteil an Frauen in diesen Berufszweigen trägt einen Teil zum unbereinigten Gender-Pay-Gap bei.
Die mangelnde Anerkennung und die niedrige Bezahlung führen weiterhin zu einem Fachkräftemangel. Es fehlt der Anreiz, einen dieser Berufe zu ergreifen. Auch diesem Problem sollen sich Initiativen rund um den Sammelbegriff "SAGE" widmen.
Ein gemeinsamer Begriff allein, wird jedoch die Schwierigkeiten nicht lösen können. Gesellschaft und Politik müssen gemeinsam an Lösungen arbeiten, das substantielle Ungleichgewicht zu beheben.
Im Englischen hat sich ähnlich zu "SAGE" die Abkürzung "HASS" (Humanities, Arts, Social Sciences) als Gegensatz zum englischen "STEM" (Science, Technology, Engineering, Mathematics) etabliert. Seit 2020 gibt es eine Initiative, die für die Umbenennung in "SHAPE" (Social Sciences, Humanities and the Arts for People and the Economy) plädiert, um die Bedeutung für Mensch, Gesellschaft und Wirtschaft mehr in den Vordergrund zu stellen.
Denis Pijetlovic erörtert in seinem Buch Das Potential der Pflege-Robotik ** die Möglichkeiten sowie Fallstricke des Einsatzes von moderner Robotik in der Pflegearbeit. Wie können die Akteure zusammen arbeiten, um Fortschritt zu ermöglichen, die sozialen Aspekte aber nicht außer Acht zu lassen. Ein empfehlenswertes Buch.
In Können Roboter den Fachkräftemangel in der Pflege überbrücken? ** beschreibt Levon Ambarzumjan eindringlich die Konsequenzen des Pflegefachkräftemangels. Er diskutiert dabei Möglichkeiten eines vernünftigen und realistischen Einsatzes von Robotik. Ein umfassender Überblick über Ursachen und Folgen des Mangels sowie Überlegungen zu ethischen und psychologischen Aspekten. Auch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Arten von Robotern kommt nicht zu kurz, sodass auch der technische Aspekt Erwähnung findet.
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